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Debt-Fonds und Banken brauchen sich

Die Assetklasse Real Estate Debt verzeichnet zurzeit erhebliche Zuwächse (siehe „Real Estate Debt tritt aus seiner Nische heraus“, IZ 10/22). In den vergangenen zwölf Monaten kamen laufend neue Anbieter mit eigenen Debt-Fonds hinzu, Mitte Februar 2022 etwa die Privatbank Berenberg und Anfang März das Investmentunternehmen Ardian. Ursachen für diese Entwicklung sind vor allem der Anlagedruck der institutionellen Anleger sowie die relative Attraktivität der Immobilie gegenüber anderen Assetklassen. Da die Marktpreise und die Beleihungswerte immer weiter auseinanderdriften, entsteht zudem eine Finanzierungslücke zwischen der klassischen Bankfinanzierung und dem Eigenkapital, das ein Entwickler mitbringt. Diese Lücke wird dann durch alternative Finanzierer geschlossen, so die übliche Argumentation. Christian Schmid, Immobilienvorstand der Helaba, kennt die Entwicklung. Einen generell gesunkenen Risikoappetit bei den Banken kann er jedoch nicht erkennen. „Es ist zwar richtig, dass die Beleihungsausläufe der Banken nach der Finanzkrise gefallen sind“, sagt Schmid. „Der vorherige Anstieg lag aber nur an der Verschlechterung der Marktpreise, nicht daran, dass die Risikoneigung der Banken zuvor höher gewesen wäre.“ Allerdings hat nun einmal jede Bank ihr eigenes Risikoprofil und nicht jede Projektentwicklung passt dort hinein. „Wir nehmen von der Finanzierung von Immobilien mit Betreiberrisiken Abstand, also etwa Hotels oder Pflegeheime“, erläutert Schmid. „Denn hier müssten wir neben Immobilien auch Betreibermodelle bewerten. Wenn einzelne alternative Finanzierer und Wettbewerber in diesem Bereich tätig sind oder werden wollen, ist allen klar, dass wir über ein anderes Risikoprofil reden als bei einer klassischen Immobilienfinanzierung.“


„Wir suchen keine Konkurrenz zu den Banken“


Nach Ansicht von Heino Betz, Leiter Seniorfinanzierung beim Investmentunternehmen aam2cred, erfüllen Banken weiterhin eine wesentliche Rolle in der Immobilienfinanzierung. Entscheidend sei jedoch, in welcher Phase einer Projektentwicklung ein Kreditinstitut an Bord komme. „Die Bank sitzt relativ weit hinten in der Wertschöpfungskette der Finanzierung“, sagt Betz. Umso wichtiger sei es, den Finanzierungskunden rechtzeitig über die einzelnen Finanzierungsschritte zu beraten. „Eine Finanzierungsberatung sollte in einer sehr frühen Projektphase erfolgen, sonst kann es bei der Immobilienfinanzierung so laufen wie bei einer falsch aufs Gewinde aufgesetzten Schraube: Wenn es nicht von Anfang an passt, klemmt es irgendwann beim Weiterdrehen.“ Mit dem Weiterdrehen ist gemeint, dass die Bank, wenn das Projekt voranschreitet und die Risiken damit besser überschaubar sind, entsprechend größere Teile der Finanzierung übernehmen kann. „Je nachdem, wie viel Wert in einem Projekt schon geschaffen wurde, migriert es dabei immer weiter vom Risikokapital in den Bereich des Senior Loans hinein“, erläutert Betz und fügt hinzu: „Wir suchen keine Konkurrenz zu den Banken, sondern eine ganzheitliche Zusammenarbeit.“ Aam2cred hat seinen ersten Debt-Fonds im Herbst 2021 aufgelegt, gemeinsam mit Union Investment. Das Zielvolumen von 200 Mio. Euro ist mittlerweile weitgehend investiert, sodass der Fondsinitiator ein zweites Closing anstrebt. „Wir wollen nochmal etwa 100 Mio. Euro einsammeln, vielleicht auch etwas mehr. Der Dealflow ist gut und der Appetit der Investoren auf diese Anlageklasse ist groß“, sagt aam2cred-Geschäftsführer Nico Rottke. Der Fonds strebt bei seinen Investments eine Mischung von 40% Senior Loans und 60% Mezzanine an. „Rund 80% bis 90% des finanzierten Volumens ist für Deutschland vorgesehen, fallweise würden wir auch Debt-Investments in größeren Städten in Österreich tätigen“, ergänzt Rottke. „Die bevorzugten Assetklassen sind Wohnen und Büro, die zusammen 80% bis 90% der Debt-Investments ausmachen sollen. Als Beimischung sind Logistik- bzw. Light-Industrial-Immobilien interessant.“ Das Thema Logistik findet auch Andrew Radkiewicz spannend. Er ist Global Head of Private Debt Strategy bei PGIM Real Estate. Ende 2021 hat das Unternehmen den Precap VII geschlossen, seinerzeit mit 1,82 Mrd. Euro Volumen der größte Debt-Fonds in Europa. Der Fonds konzentriert sich auf die liquidesten Märkte in Europa: Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Großbritannien und Irland sowie die Benelux-Länder. „Unsere Investments tätigen wir anhand von drei großen Themen. Das erste betrifft alles, was Lieferketten und den Onlinehandel ermöglicht, von der Logistik der letzten Meile bis zu Kühllagern“, erläutert Radkiewicz. Insbesondere in Kontinentaleuropa gebe es hier im Vergleich etwa zu Großbritannien, das beim E-Commerce schon weiter ist, noch große Wachstumsmöglichkeiten. „Das zweite Thema ist die private Wohnungswirtschaft mit einer Betonung von Lösungen für studentisches Wohnen, klassische Mietwohnungen sowie altersgerechtes Wohnen“, fügt der PGIM-Stratege hinzu. „Wir sehen in diesem Bereich die besten Möglichkeiten mit Blick auf einen Inflationsschutz. Das dritte Thema dreht sich um Smart-Office-Lösungen in Städten mit geringem Leerstand wie Berlin oder Dublin.“ Radkiewicz betont wie Helaba-Vorstand Schmid die unterschiedlichen Rollen, die Banken und alternative Finanzierer in der gewerblichen Immobilienfinanzierung spielen: „Operationelle Risiken wie bei Hotels, Studentenwohnheimen oder einer Projektentwicklung in einer frühen Phase passen nicht in die internen Risikomodelle der Banken.“ Diese Risiken böten andererseits einem alternativen Finanzierer bisweilen die Möglichkeit, eine Immobilie in ein Core-Investment zu überführen, das dann die Bank gerne finanzieren wird. „Das künftige Modell der Zusammenarbeit beruht auf einer Symbiose“, ist Radkiewicz überzeugt. „Die Frage wird dann sein, welches Risiko in einer bestimmten Phase des Lebenszyklus der Immobilie von wem übernommen wird.“ Damit das funktioniert, müssen sich allerdings die Debt-Fonds selbst über ihre Rolle im Klaren sein. „Ein Debt-Fonds ist ein Zwitter zwischen einem Eigenkapitalgeber und einem Fremdfinanzierer“, erklärt Helaba-Vorstand Schmid. „Wenn er sich von seinem Risikoprofil Richtung Eigenkapital bewegt, stehen seinen Ertragschancen entsprechende Risiken entgegen. Wenn er sich wie ein klassischer Fremdfinanzierer verhält, sollten für ihn auch dieselben regulatorischen Auflagen gelten.“ Ulrich Schüppler


Ein Beitrag aus der Immobilien Zeitung Nr. 11/2022 vom 17. März 2022

www.iz.de


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